Infoblatt Kulturerdteile (© Klett Verlag)

Definition und Aufzählung der Kulturerdteile

Was ist eigentlich ein Kulturerdteil? Allgemein wird ein Kulturerdteil folgendermaßen definiert: Zusammenhängende Großräume, die hinsichtlich ihrer kulturellen Prägung eine gewisse Einheitlichkeit aufweisen. Wichtig ist, dass neben der Betrachtung der Naturerdteile die Erforschung und Darstellung der Kulturerdteile als gleichberechtigt angesehen werden.

 

Als "Vater der Kulturerdteile" gilt Albert Kolb. Er griff Gedanken und Anregungen (u. a. von Hettner) auf und formulierte 1962 sein Konzept der Kulturerdteile und definierte einen Kulturerdteil wie folgt:
"Unter einem Kulturerdteil [wird] ein Raum subkontinentalen Ausmaßes verstanden, dessen Einheit auf dem individuellen Ursprung der Kultur, auf der besonderen einmaligen Verbindung der landschaftsgestaltenden Natur- und Kulturelemente, auf der eigenständigen, geistigen und gesellschaftlichen Ordnung und dem Zusammenhang des historischen Ablaufes beruht." (KOLB, 1962)
Das Konzept der Kulturerdteile fand zuerst wenig Beachtung und wurde später in den 1980er Jahren von den Geographiedidaktikern der Pädagogischen Hochschule Kiel, federführend dabei war Jürgen Newig, aufgegriffen und für die Umsetzung im Geographieunterricht aufbereitet. Da sich das Konzept besonders gut für den fächerübergreifenden Unterricht eignet, erfährt es in heutiger Zeit immer mehr Anerkennung und Berücksichtigung. Die ganzheitliche Betrachtung fremder Regionen eröffnet neue Sicht- und Denkweisen. Es ist ein Versuch, andere Kulturen zu verstehen, ohne dabei eine allzu europäische Sichtweise einzunehmen.
Jahrzehntelange wurde eine physisch-geographische Abgrenzung zwischen den Kontinenten vorgenommen mit einer viel zu geringen Beachtung kultureller Eigenheiten, religiöser Traditionen und den daraus resultierenden Lebens- und Wirtschaftsweisen der verschiedenen Rassen und Völker. Eine neue Gliederung der Erde wird damit nicht nach vorrangig physisch-geographischen, sondern nach kulturell-ethnischen Gesichtspunkten vorgenommen. Die Abgrenzung eines Kulturerdteils erfolgt beispielsweise durch die Merkmale: Gemeinsamkeiten der Religion, Denk- und Verhaltensweisen, Kleidung, Architektur, Wohn- und Esskultur, tägliche Lebensgestaltung. Die Liste ließe sich problemlos noch um einige Punkte erweitern.
Als Strukturierungshilfe eignen sich fünf Merkmalskomplexe: Raum und Umwelt, Leitsystem und Religion, Geschichte und Kultur, Mensch und Bevölkerung, Wirtschaft und Infrastruktur. Bei einem Kulturerdteil handelt es sich um ein vernetztes System, die Reihenfolge der Merkmalskomplexe ist dabei unbedeutend. Nur sollten sich bei einer vergleichenden Analyse von mehreren Erdteilen die Merkmale der Kulturen entsprechen. Ein Unterfangen, das gar nicht so einfach ist. Auch in den folgenden Ausführungen wird diese Strukturierung beibehalten. Natürlich kann man die Kultur oder die Geschichte eines Kulturerdteils nicht in wenigen Sätzen zusammenfassen, aber die wichtigsten Kernpunkte können verdeutlicht werden.
Nach Kolb und Newig sind Kulturerdteile gleichberechtigte Glieder in einem weltweiten raumzeitlichen Netz menschlicher Lebensformen, das auf der Grundlage ihrer natürlichen Umwelt aufgebaut ist. Die Erdteile bilden keine geschlossenen Räume (z. B. durch Grenzen), sondern befinden sich in einem fließenden Übergang miteinander.
Es lassen sich 10 Kulturerdteile unterscheiden:

  • Der angloamerikanische Kulturerdteil
  • Der australische Kulturerdteil
  • Der europäische Kulturerdteil
  • Der lateinamerikanische Kulturerdteil
  • Der orientalische Kulturerdteil
  • Der ostasiatische Kulturerdteil
  • Der russische Kulturerdteil
  • Der schwarzafrikanische Kulturerdteil
  • Der südasiatische Kulturerdteil
  • Der südostasiatische Kulturerdteil

 

Literatur:
Fischer Weltalmanach 2003
Newig, Jürgen (Hrsg.): Folienordner Kulturerdteil Bd.1 Schwarzafrika, Bd. 2 Orient, Bd. 3 Lateinamerika, Bd. 4 Europa. Klett-Perthes. 1997-2002
Terra aktuell: Südostasien. Klett-Perthes. 2003
Terra Thema: Australien und Ozeanien. Klett-Perthes. 2000
Wissen digital - Enzyklopädie 2003








Quelle: Geographie Infothek
Autor: Christine Reinke
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 25.11.2005




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